Was bedeutet es für Menschen in Haft, im Celler „Projekt Brückenbau“ eine Anlaufstelle außerhalb des Gefängnisses zu haben, an die sie sich jederzeit wenden können? Auf dem traditionellen Brückenbaufest am Dienstag erfuhren die Gäste es aus erster Hand. Stevie ist seit 27 Jahren in Haft und schilderte in seiner Ansprache, auf wie vielfältige Weise das Projekt Brückenbau ihm Sicherheit und Unterstützung gibt, menschlich und fachlich. Die Anlaufstelle gehört zur christlichen Straffälligenhilfe Schwarzes Kreuz und begleitet Inhaftierte, Haftentlassene und ihre Angehörigen. „Gerade wenn man so lange Zeit in Haft ist und kaum noch Verbindung nach draußen hat. Dann weiß man nicht mehr wirklich, wie die Welt dort funktioniert. Was ist ein Touchscreen, wie eröffne ich ein Konto – so etwas wissen wir nicht. Ich würde mir wünschen, dass es viel mehr Einrichtungen wie das Projekt Brückenbau gibt. Wir möchten ja wieder Ihre Nachbarn von morgen werden!“
Eindrückliche Erfahrungen
Rund 70 Gäste waren gekommen, um Impulse aus den Grußworten aufzugreifen und anschließend bei Gegrilltem miteinander ins Gespräch zu kommen. Menschen, von denen sich einige sonst selten direkt begegnen – Persönlichkeiten aus Politik, Justiz und Kirche sowie Inhaftierte, Haftentlassene, Ehrenamtliche und weitere Interessierte.
So mancher der Redner hatte bereits eindrückliche Erfahrungen mit Gefangenen gemacht, die ihnen ihre besondere Situation vor Augen führten. Landtagskandidat Christoph Engelen zum Beispiel hatte es als Anstaltsbeirat der JVA Celle berührt, dass eines der beliebtesten Produkte bei den Gefangenen ausgerechnet Weichspüler war. „Sie erzählten mir, der Duft bedeute für sie ein Stück weit Heimat.“ Inhaftierte bräuchten solche Berührungspunkte mit der Welt außerhalb der Gefängnismauern. Umso wichtiger sei die Aufgabe von Projekt Brückenbau: „Sie sind für Inhaftierte eine Brücke in die normale Welt.“
Die wichtigen Aufgaben vom Projekt Brückenbau
Auch der Celler Bürgermeister Klaus Didschies war lange Anstaltsbeirat gewesen. Zwar hatte er oft mit Beschwerden der Gefangenen zu tun, aber unterschwellig schien etwas ganz anderes wichtig zu sein. „Manchmal hatte ich das Gefühl, dass von den Insassen vor allem soziale Kontakte gesucht wurden, ein kleines Fenster nach draußen.“ Das sei auch eine wichtige Aufgabe vom Projekt Brückenbau. Allerdings sei es nicht unter den „Top 10“ der populären Spendenempfänger zu finden: „Werben Sie Vereinsmitglieder und großzügige Förderer, denn ohne Spenden geht es leider nicht. Damit wir hier in Celle weitere große Brücken bauen können.“
„Ein Euro Präventionsarbeit bringt später zehn Euro Ersparnis!“ Dieses Zitat des Kriminologen Christian Pfeiffer nannte Landtagskandidat Prof. Dr. Martin Kirschstein, der als Mediziner Erfahrungen mit straffälligen Jugendlichen und ihren Eltern gesammelt hatte, und unterstrich damit die Aussagen seiner Vorredner. Sabine Standke schließlich stellte die Ambulante Hilfe Celle vor, eine Beratungsstelle für wohnungslose Menschen. Für die Musik sorgte Christian Raimund Schlegel aus Hannover.
(Foto: Fachleiter Holger Reiss und Sabrina Zurbel vom Projekt Brückenbau)