Da kommen sie. Mit Schaufeln, Muttererde, Kokosgarn und einem Birnenbaum. Giraffen, Igel und Bären. Wann war das letzte Mal so viel Leben auf dem Friedhof in Wietze? Es sind die Kinder aus der nahen Ev.-luth. Kita St. Michael und sie haben einen Auftrag. Der Birnenbaum – genauer gesagt handelt es sich um eine Sommerblutbirne – soll unter die Friedhofserde. Gut, dass Friedhofsgärtner Stefan Palm-Stabenow den trockenen Boden schon etwas aufgelockert und mit gedüngter Erde aufgeschüttet hat. Gleich kann es losgehen.
"Überall schöne Bäume und dichte Hecken"
Gleich neben der Stelle, an der gleich ein neuer Baum wachsen wird, steht Susanne Schuermann. Die Pfarramtssekretärin der Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Michael Wietze-Steinförde stammt aus Wietze und kann sich noch erinnern, wie es früher auf dem Friedhof aussah. „Dieser Weg war wie eine richtige Allee“, sagt sie und zeigt nach rechts und links, „überall schöne große Bäume und dichte Hecken.“ Davon ist im Laufe der Jahre nicht viel übriggeblieben. Verantwortlich dafür sind Entscheidungen der früheren Friedhofsverwaltungen, Angehörige, die sich nicht mehr so intensiv um die Pflege der Gräber kümmern konnten und der Klimawandel. Die heißen Sommer haben sichtbare Schäden angerichtet. Susanne Schuermann bringt es auf den Punkt: „Heute bietet unser Friedhof eher ein karges und trostloses Bild.“
Aber das soll sich ja nun ändern, das hat sich die engagierte Dame aus dem nahen Pfarramt auf die Fahnen geschrieben. Der Friedhof soll wieder grüner werden. Hochstämme von Baumarten, die gut mit dem veränderten Klima zurechtkommen, sollen in Zukunft nicht nur Schatten spenden, sondern auch Insekten ein neues Zuhause bieten. Aus vielen Ideen ist das Projekt „Ökologie in der Kirchengemeinde“ entstanden. Aus eigenen Mitteln kann die Gemeinde diesen grünen Zukunftsplan nicht umsetzen. Gemeinsam mit Nina Hollung, Fundraiserin im Ev.-luth. Kirchenkreis Celle, hat sich Susanne Schuermann deshalb das ehrgeizige Ziel gesetzt, die dringend benötigte Umgestaltung mit Spenden und Unterstützung aus der Gemeinde zu bewerkstelligen.
Giraffen, Igel und Bären machen den ersten Spatenstich
Den Anfang machen an diesem warmen Tag im Juli die Giraffen, Igel und Bären. Der Birnenbaum ist eine Spende der Kita St. Michael und gleichzeitig der erste Obstbaum auf dem Wietzer Friedhof. Vor dem ersten Spatenstich hat sich die Kita unter der Leitung von Irmgard Babigian den passenden Rahmen einfallen lassen. Mehr als 20 Kinder lauschen Viertklässlerin Luisa, die Theodor Fontanes „Herr von Ribbeck auf Ribbeck“ und seine Ode an die Birne vorträgt. Einer der Zuhörer ist Pastor Christoph Ricker aus Winsen, der aktuell auch die Gemeinde Wietze vertritt. „So ein schönes Zeichen – in vielerlei Hinsicht“, sagt Pastor Ricker, als sich die Kinder mit ihren kleinen Plastikschippen ans Werk machen.
Als der Baum gepflanzt ist und auch auf dem Friedhof in Wietze Birnen wachsen, lädt Susanne Schuermann noch auf einen Rundgang ein. Ihre Hände zeichnen die Zukunft und man kann sich bereits lebhaft vorstellen, wie die Anlage in Zukunft aufblühen wird. 4000 Euro sind inzwischen durch Spenden und Kollekten zusammengekommen. Die gelernte Groß- und Außenhandelskauffrau hat Angebote von Baumschulen aus dem Umkreis eingeholt. Im letzten Gemeindebrief wurde über die Aktion informiert. Im Frühjahr 2024 soll es einen neuen Spendenaufruf geben. Gesucht werden dann Naturalien aus den Gärten der Wietzer Gemeindeglieder und Bürger. Ein entsprechender Aufruf erfolgt zu gegebener Zeit über den Gemeindebrief und den Wietzer Nachrichten. Etwa 14 Bäume sind bereits fest eingeplant, 8 bis 10 weitere sollen nach Möglichkeit noch folgen. Hinzu kommen Bänke, um auf dem neu begrünten Gelände zu verweilen. Über weitere Geldspenden zur Unterstützung des Friedhofsprojekts „Alter Friedhof Wietze“ würde sich die Kirchengemeinde unter dem Stichwort „Friedhof Wietze“ auf das Konto IBAN DE38 2695 1311 0000 0024 10 sehr freuen. Vielleicht wird dann auch „Herr von Ribbeck auf Ribbeck“ eine Rolle spielen. Die junge Sommerblutbirne hätte Fontanes Helden sicherlich gefallen.
(Unser Foto zeigt von links nach rechts: Kita-Leiterin Irmgard Babigian, Pfarramtssekretärin Susanne Schuermann, Pastor Christoph Ricker und Friedhofsgärtner Stefan Palm-Stabenow)