Es gibt so Momente im Leben eines Referenten und Experten, da verdichtet sich die ganze Arbeit auf einen kurzen Austausch mit dem Publikum. So wie am Mittwochabend im Kantoreisaal in der Kalandgasse. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Kirche trifft“ vom Ev.-luth. Kirchenkreis Celle war Reemt Itzenga zu Gast, der Sozialarbeiter und für die Organisation „return“ tätig ist und dort spezialisiert auf den Umgang mit Computerspielsucht. Ein Thema, an dem sich die Generationen reiben. Kinder (meistens Jungen) versus Eltern. Zocken, daddeln, Computerspiele spielen gehört seit mehr als 20 Jahren zum Alltag von Jugendlichen. Und seit mehr als zwei Jahrzehnten fällt es Eltern schwer, diese Faszination zu begreifen.
Das zeigte sich an der Reaktion eines Besuchers. Sein Sohn sei 13, sagte der Mann, und bis heute habe er nicht wirklich verstanden, warum der so viele Stunden vor dem Bildschirm verbringe. „Jetzt habe ich zumindest eine Ahnung davon.“ Reemt Itzenga musste schmunzeln. Er weiß genau, wovon sein Gast redete.
Im gut gefüllten Kantoreisaal eröffnete Itzenga seinen Vortrag mit dem Foto eines kleinen Segelschiffes auf der freien See. „Wir – besonders unsere Kinder – sind unterwegs auf einem digitalisierten Ozean“, erklärte der Referent die Metapher. Das Ziel von Eltern, Pädagogen und Sozialarbeitern sei es, ein Kielgewicht gegen die Kraft dieser Stürme auf See zu bilden.
In den folgenden 90 Minuten fasste der 31-Jährige die Arbeit von ihm und seinen Kollegen zusammen. Aufklärung über die Macht der Medien. Was passiert im Gehirn eines heranwachsenden Menschen, dass sie oder er sich so vereinnahmen lassen können von Sozialen Medien, Streamingdiensten oder eben Computerspielen? Das limbische System, von Itzenga speziell bei Pupertierenden als „Partyzone“ bezeichnet, werde von der Zockerei gleich auf mehreren Ebenen bedient, der ausgeschüttete Belohnungseffekt verstärke das Verlangen nach mehr – einer Droge nicht unähnlich.
Und doch gehe es bei „return“ und anderen Fachstellen nicht darum, Kinder und Jugendliche für ihren Konsum zu brandmarken. Sondern vielmehr, die kommunikativen Gräben zwischen Eltern und ihren Heranwachsenden zu schließen. „Begrenzen, begleiten, loslassen“, beschrieb es der Experte im Rahmen seines Vortrags und bemühte am Ende wieder das Bild mit dem Segelschiff auf dem Ozean. Diesmal mit einem erweiterterten Ausschnitt, der einen Leuchtturm zeigte und einem Rat an die Erwachsenen: „Seien Sie dieser Leuchtturm.“ Friedrich Hauschildt, der für den Kirchenkreis Celle durch den Abend geführt hatte, fasste es bei seinen Dankesworten treffend zusammen: „Sie haben uns dabei weitergeholfen, dieses so komplexe Thema besser zu verstehen.“