Das Wort zum Sonntag - von Ulrike Drömann

Nachricht 10. Dezember 2021

Die Advents-Möhre

Liebe Leserin und lieber Leser,

ich war sieben Jahre alt, konnte gerade feste Maschen und Stäbchen häkeln, da schenkte ich meinen Eltern eine selbstgehäkelte Möhre zu Weihnachten. Ich hatte sie aus Topflappengarn hergestellt, eine orangefarbene Wurst mit grünen Luftmaschen oben dran, dann mit Zauberwolle ausgestopft. Meine Eltern freuten sich drüber.

Die total hässliche Häkelmöhre

Meine Mutter hängte diese an sich total hässliche Häkelmöhre über viele Jahre zum 1. Advent an den Adventsstrauß, dann in den Weihnachtsbaum. Sie wurde dort auch noch hineingehängt, als ich quasi erwachsen und das Teil richtig unansehnlich geworden war. Peinlich. Fiel sie jemandem auf, erklärte meine Mutter gern, was das für ein Teil war und dass ich es gehäkelt hatte.

Inhaltliche Rückfragen zu dieser seltsamen Advents- und Weihnachtsdekoration wischte sie weg mit einem: „Warum? Möhren wachsen nach oben und nach unten. So sind sie doch Zeichen für etwas, das Himmel und Erde verbindet – das passt zu Advent und Weihnachten!“ Ein am Vorabend des Festes eilig hergestelltes Kindergeschenk als theologische Aussage?

Hoffnung und Sehnsucht im Advent

Ja, die Verbindung zwischen Himmel und Erde ersehnen wir uns im Advent. Die Geburt des göttlichen Kindes im Stall von Bethlehem, das Herabkommen des Gottessohnes am Ende der Zeiten – das löst Hoffnung und Sehnsucht, Wünschen und Warten, Vorfreude und Vorbereitung in uns aus. Wir wünschen uns etwas, was unser Leben hell und warm macht, was uns ganz tief innen berührt und Ruhe und Frieden schenkt; etwas, das uns Gewissheit gibt, dass Himmel und Erde sich berühren.

Wenn wir morgen die erste Kerze am Adventskranz entzünden, unsere Wohnungen und Häuser vielleicht auch schon festlich geschmückt haben, wünsche ich mir, dass wir in diesem sichtbaren Glanz und Lichterschein schon etwas von der Verbindung von Himmel und Erde zu Weihnachten spüren dürfen. Dass wir eine Stärkung mitnehmen, die in diesen besonderen Wochen unserem Warten und Erwarten eine Richtung gibt.

Der Sohn Gottes kommt in die Welt und überbrückt die Kluft zwischen Himmel und Erde. Was für eine Verheißung! Lassen Sie sich in diesen Wochen daran erinnern, eben auch von einer gehäkelten Möhre.

Eine gesegnetes Adventswoche Ihnen allen!

Ulrike Drömann ist im Theologischen Vorstand der Lobetalarbeit