Als Sonja Winterhoff 2019 ihre Arbeit als Diakonin in Bergen begann, konnte sie noch nicht ahnen, dass sie schon sehr bald sehr kreativ werden musste. Die Corona-Pandemie ließ lange geplante Projekte und Ausflüge mit den Jugendlichen ausfallen, echte Begegnung zu schaffen wurde auf einmal zu einer besonderen Herausforderung. „Was macht ihr im Sommer?“, wurde Winterhoff 2020 von Elke von Meding gefragt. Von Meding ist Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Bergen-Belsen und hatte eine Idee. Gemeinsam mit dem Anne-Frank-Haus in Oldau hatte die Arbeitsgemeinschaft 2007 den „Weg der Erinnerung“ gestaltet. Sieben Kilometer, die an den Weg der Kriegsgefangenen und KZ-Häftlinge von der Verladerampe bis zum Eingang des Kriegsgefangenenlagers bzw. des Konzentrationslager Bergen-Belsen erinnern und diesen sichtbar machen sollten. Dieser Weg hatte eine Neugestaltung dringend nötig.
Fünf neue Schilder, sieben Kilometer Malerfarbe
Gemeinsam mit 18 Jugendlichen zog Diakonin Winterhoff bei hochsommerlichen Temperaturen mit Malerfarbe die Linie nach, auf der sich Besucher*innen des Weges orientieren können. Fünf neue Schilder wurden gestaltet, Workshops initiiert, der Geburtstag von Anne Frank gefeiert. Im Zuge dieser Projekte rund um den „Weg der Erinnerung“ lernte Winterhoff Mariusz Rybak kennen, der 2021 die Koordinierungs- und Fachstelle für das Projekt „Partnerschaft für Demokratie in Bergen“ übernahm. Zu Rybaks Aufgaben gehört es, Stiftungen und Vereine bei der Umsetzung von Projekten zur Demokratieförderung zu unterstützen und zu begleiten – so wie auf dem „Weg der Erinnerung“.
Seit 2022 ist Sonja Winterhoff als Diakonin im Kirchenkreisjugenddienst Celle tätig. Die Verbindung nach Bergen ist selbstverständlich nicht abgerissen. Im Gegenteil. Gemeinsam mit Mariusz Rybak hat Winterhoff eine ganz besondere Fahrt auf die Beine gestellt. Vom 28. Mai bis zum 3. Juni 2023 begleiten Rybak und Winterhoff junge Menschen zwischen 16 und 27 Jahren auf ein siebentägiges Jugendbildungsseminar nach Auschwitz und Krakau. Das komplette Seminar inklusive der An- und Abreise im Bus und Unterbringung kostet pro Person nur 200 Euro. „Die Finanzierung aus Drittmitteln“, sagt Mariusz Rybak, „ermöglicht vielen jungen Menschen eine Reise, die sonst vielleicht nicht bezahlbar wäre.“
Gedanken einer Überlebenden
Gefragt nach einem Motto für das Bildungsseminar, zitiert Sonja Winterhoff die Holocaust- und Bergen-Belsen-Überlebende Yvonne Koch: „Ich kann euch nur meine Geschichte in die Hand geben, damit ihr euch für ein anderes Miteinander einsetzten könnt.“ Kochs Gedanken sollen auch während der Reise nach Auschwitz und Krakau weiterleben. Dafür hat sich das Team ein außergewöhnliches Programm ausgedacht. Neben dem Besuch in Ausschwitz-Birkenau, wird es u.a. eine Führung durch das jüdische Viertel und ehemalige Ghetto in Krakau geben. Dazu Zeitzeugengespräche, aber auch Einblicke in das spannende Leben der Metropole Krakau mit seinen zahlreichen polnischen und jüdischen Kulturinstitutionen. „Uns ist es wichtig, dass die Teilnehmer*innen nicht eine Woche lang nur mit den grausamen Bildern und Erinnerungen überflutet werden, sondern auch die jüdische Kultur in Polen kennenlernen“, sagt Mariusz Rybak. Sonja Winterhoff ergänzt: „Es geht darum den jungen Menschen dabei zu helfen, eine eigene und differenzierte Sprachfähigkeit zu entwickeln – gerade in Zeiten von Populismus und Fake News.“
Alle Informationen rund um die Anmeldung und den Inhalt des Bildungsseminars nach Auschwitz und Krakau gibt es unter https://evjucelle.wir-e.de/aktuelles, via E-Mail (sonja.winterhoff@evlka.de) oder per Telefon unter 05141 7505 550.