Frieden schaffen – mit Waffen?! – Ev.-luth. Kirchenkreis lädt Experten in die Stadtkirche

Veranstaltung Celle, Stadtkirche, 07. Juni 2023

Der russische Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 hat unsere Welt auf den Kopf gestellt. Die jahrelange Sicherheit, in der sich Europa wähnte, war nicht nur trügerisch, sie war offenbar auch sehr brüchig. Durch die tagtägliche Auseinandersetzung mit dem Krieg, nur einige hundert Kilometer Luftlinie von Deutschland entfernt, ist das Thema so sehr in den Fokus der deutschen Öffentlichkeit geraten, wie seit dem Fall der Mauer nicht mehr.

Keine Gewalt?

Frieden schaffen ohne Waffen – welche Gültigkeit hat der Titel des 1982 von Robert Havemann und Rainer Eppelmann veröffentlichten Berliner Appells heute noch, wo nur mit Einsatz von massiver Waffengewalt die Invasion der Ukraine verhindern werden kann? Wie sehr haben Putins Großmachtfantasien dazu beigetragen, unsere Gesellschaft nachhaltig zu verunsichern und innerstaatlichen Unfrieden zu schüren? Und mit welchem Blick schaut die Kirche auf all das?

Um so ein komplexes Thema auf einen knapp einstündigen Vortrag herunterzustutzen, bedarf es schon zweier Experten auf dem Gebiet der Friedens- und Konfliktforschung. Am Mittwoch, den 7. Juni 2023 (19:30 Uhr), lädt der Ev.-luth. Kirchenkreis Celle zum Start seiner „Kirche trifft“-Veranstaltungen Dr. Hartwig von Schubert (links im Bild) und Felix Paul in die Stadtkirche St. Marien. Dr. von Schubert war von 1982 bis 1987 Pastor im Hamburger Bahnhofsviertel St. Georg, arbeitete später an der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft Heidelberg, im Diakonischen Werk Hamburg und an der Evangelischen Akademie in Hamburg und Bad Segeberg. Von 2005 bis 2019 war er Evangelischer Militärdekan an der Führungsakademie der Bundeswehr Hamburg, von November 2019 bis März 2010 begleitete er das 21. Deutsche Kontingent ISAF nach Afghanistan. Seit Juni 2021 lehrt von Schubert als Privatdozent in Hamburg, Fachbereich: Systematische Theologie.

"Das gemeinsame Haus Europa hat nie existiert"

Neben ihm zu Gast wird Felix Paul sein, der seit 2021 Referent für Friedensarbeit im Haus kirchlicher Dienste (HkD) in Hannover ist. Zuvor studierte Paul in Frankfurt am Main und beendete dort sein Politik-Masterstudium. Der Hamburger hat außerdem Slawistik, sowie Internationale Studien/Friedens- und Konfliktforschung studiert. Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine sagt er: „Wir haben zwar das Friedensprojekt EU geschaffen, aber das gemeinsame Haus Europa hat nie bestanden.“ Dass selbst die Forschung überrascht war vom russischen Angriff, zeige, wie naiv-optimistisch die westlichen Gesellschaften zuvor Richtung Russland geschaut haben. „Durch den Verteidigungskampf der Ukraine erkennen wir jetzt erst den Wert und die Bedeutung von Frieden – und wie stabil oder instabil er sein kann.“

Dr. Hartwig von Schubert sagt über den Krieg im Osten: „Niemand hat sich ernsthaft darüber Gedanken gemacht, was die Verschiebung der westlichen Grenze um 1000 Kilometer Richtung Osten für Russland bedeutet hat. Es war nur eine Frage der Zeit, bis es zur Explosion kommen würde.“ Er stützt sich in seinen Theorien und Meinungen auf Immanuel Kants Schrift „Zum Ewigen Frieden“: „Kant war ein Philosoph des Völkerrechts, er motiviert uns bis heute, immer eine noch bessere Lösung zu finden, um Frieden zu schaffen oder zu bewahren.“ Was wiederum mit der Theologie verzahnt sei: „Wenn sich die Liebe Gedanken macht über die Politik, dann landet sie unweigerlich beim Völkerrecht.“

"Mehr Frieden mit weniger Waffen"

Einfache Antworten auf die vielen Fragen rund um die Themen Krieg und Frieden, sagen beide, kann es nicht geben. Dr. Hartwig von Schubert versucht das Dilemma auf den Punkt zu bringen: „Wir müssen versuchen, mehr Frieden mit weniger Waffen zu schaffen. Und jeder Frieden, der sogar ohne Waffen erreicht werden kann, ist erstrebenswert.“ Aber auch möglich? Wie schätzt der Militärdekan von Schubert die Stärke und Qualität der Deutschen Bundeswehr ein? Wie denkt der Referent für Friedensarbeit über deutsche Rüstungsexporte in Krisengebiete? Am 7. Juni um 19:30 Uhr sind Dr. Hartwig von Schubert und Felix Paul zu Gast in der Stadtkirche, um über diese und ähnliche Themen zu sprechen. Beide freuen sich zudem auf eine lebhafte Diskussion mit dem Publikum. Der Eintritt zu den Veranstaltungen von „Kirche trifft“ ist wie immer kostenlos.