Interview mit Altenseelsorgerin Ilka Greunig
Ilka Greunig ist eine Institution im Ev.-luth. Kirchenkreis Celle. Seit 24 Jahren ist Greunig als Pastorin in der Paulusgemeinde tätig, von 2015 bis 2024 hatte sie ihren Hauptstellenanteil als Psychiatrie-Seelsorgerin im Klinikum Wahrendorff. Außerdem arbeitet sie als Supervisorin und Ausbilderin für Personzentrierte Seelsorge im Zentrum für Seelsorge und Beratung (ZfSB) der Landeskirche Hannover. Seit dem 1. März 2024 ist Pastorin Greunig mit einem 75-prozentigen Stellenanteil Altenseelsorgerin im Kirchenkreis Celle. Im Interview spricht sie über die Bedeutung von Seelsorge im Alter, neue Ideen und Projekte in der Arbeit mit Senior*innen und die Themen des Alters.
Ilka Greunig, was macht die Altenseelsorge im Kern aus?
Mir ist es wichtig, dass Seelsorge wirklich Seelsorge ist. Mit Blick auf die Altenseelsorge bedeutet das für mich: Zu schauen, was ältere Menschen in ihrem Inneren beschäftigt: ihre Sorgen und Bedürfnisse, Wünsche und Glücksmomente. Was können wir als Kirche dafür tun, ältere Menschen sichtbar zu machen und ihnen Aufmerksamkeit und Raum zu geben? Dafür möchte ich meine Arbeit in drei Bereiche aufteilen.
Die da wären?
Zum einen werde ich als Seelsorgerin für bestimmte Altenheime zuständig sein. Zum anderen möchte ich Menschen stärken und gewinnen, die seesorgliche Besuche bei älteren Menschen machen. In vielen Gemeinden gibt es Besuchdienstkreise. Ihr Augenmerk liegt vor allem auf Geburtstagsbesuchen. Es gibt aber auch andere denkbare Anlässe für einen seelsorglichen Besuch. Da werde ich schauen, welche Expertise Besuchende brauchen, welche Workshops sich zu welchen Themen anbieten.
Und der dritte Teil?
Ich möchte gerne eigene Projekte initiieren, beispielsweise spezielle Zielgruppengottesdienste. Wenn es schon so etwas gibt wie einen Einschulungsgottesdienst, warum nicht auch einen Gottesdienst zum Renteneintritt? Ich denke auch an Gottesdienste für Menschen, die bereits Goldene Hochzeit gefeiert haben oder für Großeltern und Enkelkinder.
Sie haben die Stelle als Beauftragte für Altenseelsorge seit dem 1. März. Wie sieht Ihre Arbeit derzeit konkret aus?
Aktuell gehe ich besonders auf Tuchfühlung mit den Gemeinden und versuche mich zu vernetzen. Ich werde auch Kontakt aufnehmen zur Kirchenkreissozialarbeit, zur FABI, zu den Diakonie- und Sozialstationen, der Demenzinitiative, Seniorenstützpunkten und anderen Einrichtrungen. Ich möchte mir ein Bild machen, wie die Arbeit mit Seniorinnen und Senioren in unserem Kirchenkreis, in der Stadt und im Landkreis aussieht.
Sie sind bereits seit 2000 Pastorin der Paulus-Gemeinde. Warum diese Stelle in der Altenseelsorge?
Ich war neun Jahre lang für die Psychiatrieseelsorge zuständig. Da war es Zeit für eine Veränderung. Für mich ist die Altenseelsorge eine spannende Herausforderung. Es gibt die bestehende Basis, zum Beispiel in den Altenheimen, zugleich bietet die Aufgabe auch sehr viel kreativen Spielraum, da lässt sich viel bewegen. Besondere Gottesdienste zu gestalten hat mir schon immer gefallen. Auch der übrige Teil der Stellenbeschreibung – Teamworkerin, Netzwerkerin – passt sehr gut zu mir. Und neben Gottesdiensten ist die Seelsorge das, was ich als Theologin meiner Meinung nach am besten kann.
Wie definieren Sie die Arbeit einer christlichen Seelsorgerin?
Es geht darum, Menschen einen Raum zu bieten, in dem sie Platz haben für Ihre Geschichten und Befindlichkeiten – ohne ihnen automatisch etwas Christliches überstülpen zu wollen. Aus theologischer Sicht ist es wichtig anzuerkennen, dass jede und jeder von uns als Persönlichkeit einzigartig ist und von Gott auch so gesehen wird. Seelsorge muss zweckfrei sein. Wenn das der Fall ist, entwickelt sich oft schon sehr viel allein durch die Begegnung. Als Ausbilderin von Seelsorger*innen ist es für mich jedes Mal wieder eine großartige Erfahrung. Dieses Wissen, dass es Menschen gibt, die anderen ihre unbedingte Wertschätzung, ihr ehrliches Interesse am Einzelnen vermitteln. Über Seelsorge kann man den Menschen sehr nah kommen, das ist immer wieder eine beeindruckende Erfahrung und für mich gelebter Glauben. Glauben kann man im Gottesdienst predigen. Aber in der Seelsorge kann man Glauben leben und erfahren.
Spielt Ihr Beruf auch privat eine Rolle? Welche Themen bewegen ältere Menschen?
Ich habe das große Glück, dass sowohl meine Eltern als auch meine Schwiegereltern noch leben. Mit denen spreche ich auch über Themen, an die sich andere manchmal nicht herantrauen. Zum Beispiel: Wie möchte ich eigentlich beerdigt werden? Ein klassisches Thema ist die Bewältigung des Alltags. Dinge und Gewohnheiten, die uns ein ganzes Leben lang selbstverständlich erschienen, sind es im Alter nicht mehr. Und ansonsten tut es den Menschen immer gut, über ihre eigene Geschichte zu erzählen. Über ihr Leben, ihr Wirken, ihre Erfolge, ihr Scheitern.
Sie sprachen das vermeintliche Tabuthema Tod an. Welchen Stellenwert nimmt das in der Seelsorge an?
Einen großen. Gerade, weil es vielen Angehörigen noch immer schwerfällt, über das Thema zu sprechen. Ich würde das mit meinen Angehörigen auch gerne vermeiden, aber es ist sehr wichtig, da offen zu kommunizieren. Das Leben im Alter ist ein Leben mit ständiger Zeitbegrenzung. Und je offener man über diese Begrenzung sprechen kann, desto besser.
Sie haben den Austausch innerhalb des Kirchenkreises erwähnt. Welche Impulse helfen Ihnen in Ihrer Arbeit weiter?
Ich profitiere sehr davon, wenn Menschen den direkten Kontakt zu mir suchen. Einladungen zu Gesprächsrunden oder Treffen, Anfragen für seelsorgliche Gespräche, Ideen und Vorschläge für all das, was Seniorinnen oder Senioren seelsorglich brauchen können.
Sie erreichen die Altenseelsorgerin des Ev.-luth. Kirchenkreises Celle Ilka Greunig unter ilka.greunig@evlka.de
(Foto: Alex Raack)